Was ist das Besondere an der
            Medikamentenabhängigkeit?

       

 

 

 

  

 

 

 

 

 

Medikamente oder Arzeimittel sind dazu bestimmt, Krankheiten zu heilen und zu lindern.
Es ist deshalb schwer einzusehen, daß ihre Einnahme selbst eine Krankheit sein soll, zumal nicht alle Medikamente abhängig machen.

Zusätzlich erschwert ist die Erkennung der Medikamentenabhängigkeit, wenn der Betroffene die Mittel anfangs zur Bekämpfung von Beschwerden eingesetzt hat, die bei fortgesetztem Mißbrauch wiederum als Entzugserscheinungen auftreten. Dies betrifft vor allem Schmerzen, Unruhe, "Nervosität", Spannungsgefühle und Angst. Da solche Erscheinungen noch sehr lange nach dem Absetzen des Mittels weiterbestehen, verwechselt der Abhängige leicht Ursache und Wirkung und nimmt die langdauernden Entzugserscheinungen fälschlich als Beweis dafür, daß seine Probleme rein körperlicher Natur und nur durch Operationen oder Medikamente behandelbar sind. Lösen kann man sich aus der (beginnenden) Abhängigkeit nur, wenn man die körperlichen und seelischen Beschwerden als Alarmsignale der Seele versteht und anstelle von Medikamenten folglich andere Behandlungsarten wählt.

Weiterhin wird die Entwicklung einer Abhängigkeit dadurch erleichtert, daß man sich sein Suchtmittel mit"weißer Weste" bei den"weißen Berufen" Arzt und Apotheker holt. Da der Medikamentenabhängige keine "Fahne" hat, wird er sogar noch für die Folgen seines Mißbrauchs bemitleidet: Verletzungen durch Stürze, Krankenhauseinweisungen nach Kreislaufkollaps, Schläfrigkeit, Schwächeanfälle, schleppende Sprechweise, Bettlägrigkeit und Vergeßlichkeit werden auch von anderen fast immer als Ausdruck einer Krankheit mißverstanden. Deshalb raten nicht selten die Angehörigen sogar noch den Gebrauch stärkerer Medikamente oder einen Arztwechsel an.

Bei der Medikamentenabhängigkeit ist das Verhältnis der Geschlechter umgekehrt zu dem bei Alkoholabhängigkeit. Dies ist parallel zur Verschreibungshäufigkeit von Beruhigungsmitteln zu sehen: Fast 70% aller Verschreibungen werden für Frauen ausgestellt.

Da die Verordnungen auch mit zunehmendem Alter steigen, wird die Medikamentenabhängigkeit bei alternden Menschen in Zukunft ein gesellschaftliches Problem werden. Mit abnehmender Verantwortung, Anerkennung, Liebe und sozialer Einbindung steigt der ärztlich verordnete chemische Ersatz dafür. Während der Psychopharmakaverbrauch pro Versicherten bei den 25- bis 29jährigen noch bei vier rechnerischen Tagesdosen lag, stieg der Verbrauch bei den 40- bis 44jährigen Frauen auf zwölf und bei den Männern auf neun Tagesdosen. Die 60- bis 64j ährigen Frauen erhielten jedoch schon 34 rechnerische Tagesdosen (Zahlen von 1987).

Während ein Alkoholiker stets über den Mißbrauch seines Mittels in die Abhängigkeit gerät, ist dies bei Medikamentenabhängigkeit nicht zwingend notwendig. Gerade bei den Beruhigungsmitteln vom Benzodiazepin-Typ kennen wir die sogenannte Niedrigdosisabhängigkeit, die selbst bei vorschriftsmäßiger Dosierung auftritt, wenn der Arzt das Mittel länger als 4-6 Wochen verschreibt. Die Hochrechnung der Kassendaten legt nahe, daß 740.000 Menschen an die ständige Einnahme niedriger Dosierungen gewöhnt sind (nur alte Bundesländer).

Insgesamt ist es also für den Medikamentenabhängigen noch schwerer als für den Alkoholabhängigen, sich als abhängig wahrzunehmen und anzunehmen.

 

 

 

 

 

 

 


Der Stolz verhindert die "Kapitulation":

Selbstvorwürfe sind der Ersatz, womit Stolz die Reue ersetzt, die
Ausrede des Ich dafür, Gottes Verzeihung nicht anzunehmen.
Die Bedingung dafür, dass einem verziehen werde, ist völlige Selbsthingabe.
Der Stolze zieht Selbstvorwürfe vor, so schmerzlich sie sein mögen,
weil das Ich - dem die Vorwürfe gemacht werden - nicht preisgegeben wird, es bleibt unangerührt

                Aldous Huxley
                (in "Zeit muss enden")

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: "Die Suchtfibel" Ralf Schneider
 

 

 

 

 

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