Abstinent oder Alkoholiker?

 


Diese Fragen geben immer wieder Anlaß zum Teil emotions geladener Diskussionen.
Einige ehemalige Alkoholabhängige fühlen sich durch die ihnen zwecks Identifizierung zugewiesene Benennung "Alkoholiker" beleidigt und als Menschenkategorie zweiter Klasse abgestempelt.
Doch leider Gottes gibt es bis heute noch keine gleichwertige, oder sympathischer klingende Bezeichnung, es sei denn, ein findiger Kopf würde sich einmal diesem scheinbaren Dilemma annehmen und sich einen weniger häßlichen Namen einfallen lassen.
Jedoch ist in dieser Beziehung ein bißchen Morgenröte in Sicht, denn von Insidern werden wir mit dem etwas versöhnlicheren Ausdruck "Alki" betitelt, und das ist doch immerhin schon etwas.

Genau genommen könnten wir uns ja auch über die Fachausdrücke " naß" oder "trocken" ärgern, denn Alkis sind ja zum größten Teil erwachsene Frauen und Männer und keine Babys mehr, die noch in die Windeln machen.
So mögen die nachfolgenden Definitionen dazu beitragen, gewisse Mißverständnisse zu beseitigen, denn Mißverständnisse führen immer zu gewissem Fehlverhalten, was die Ursache für manchen Streit und manches Unglück (Rückfall) bedeutet.

Die hier zitierten Definitionen stammen aus dem Deutschen Wörterbuch (Wahrig).

  • Abstinenz: Enthaltung von Alkohol (nie Alkohol trinken).
  • Alkoholiker: jemand, der dem Alkohol verfallen ist, gewohnheitsmäßiger Trinker.
  • Nichtalkoholiker: Dieser Ausdruck ist in keinem Wörterbuch zu finden.

Er wird aber in manchen Selbshilfegruppen verwendet und heißt soviel wie: Ein Ab- und zu-Trinker in einem vernünftigen und verträglichen Maß.
In diesen Selbshilfegruppen ist ein " ehemaliger" oder "immer noch" Trinker ebenfalls und kategorisch ein Alkoholiker. Der kleine Unterschied besteht nur noch aus den Wörtern "naß" (für den noch trinkenden Menschen) und 'trocken (für den nüchternen Menschen). Grund für die konsequente Handhabung ist die Tatsache, daß ein genesener Alkoholiker
für den Rest seines Lebens gefährdet ist und es für ihn nichts anderes mehr gibt, als für immer den Alkohol zu meiden

Die Unterschiede:

Was der Abstinenzler darf, wenn er will, ist für den Alkoholiker eine Katastrophe, wenn er es tut!
Der Abstinenzler darf ohne Bedenken Schwarzwälder Kirschtorte oder Fruchtsalat mit Kirsch essen, wenn er will. Wir Alkoholiker dürfen dies auf keinen Fall!
Der Abstinenzler darf ruhig einmal ein Carre Chocolat au Rum oder eine Praline mit Cognac zu sich nehmen; für uns Alkoholiker hätte dies fatale Folgen!
Der Abstinenzler kann es sich erlauben, ein echtes Fondue, welches mit `Weißwein oder Kirsch verfeinert ist, zu genießen, ohne daran denken zu müssen, daß er einen Rückfall erleiden wird.
Der Abstinenzler kann ohne die geringste Spur von Angst eines dieser Wunder versprechenden Allerweltsmittel zu sich nehmen. Besonders die vielgepriesenen "Elixiere" gegen jedes Leiden, Schlaflosigkeit, Nervosität, Streß usw. Man erkennt sie an den Namen, die meistens mit ... geist in Verbindung gebracht werden (z.B. Melissengeist).
Die meisten von ihnen sind nichts anderes als Schnäpse, und zwar hochprozentige.
Also für sein Unwohlsein kann der Abstinenzler, wenn es nicht anders geht, zu diesen Mitteln greifen; für uns Alkoholiker sind diese Getränke tödliches Gift!

So bleibt uns nichts anderes übrig, als immer auf der Hut zu sein, sei es bei Familien- oder Betriebsfeiern, wo man aus guten Gründen dabei sein muß.
Hier hat der Abstinente im äußersten Notfall die Möglichkeit, aus Gefälligkeit mit dem Direktor auf ein Glas Wein anzustoßen und höflichkeitshalber daran zu nippen; für uns Alkoholiker ist auch dieses Nippen tabu!

Deshalb ist für uns dieses bedingungslose Eingeständnis, ich bin ein Alkoholiker, lebensnotwendig, und die halbherzige Ausrede, ich bin abstinent, in erster Linie eine infame Lüge gegen sich selbst und in zweiter Linie eine Beleidigung für alle wirklichen, aufrichtigen und ehrlichen Abstinenten,

Dieses Credo, das ich stets in mir trage, schützt nicht nur mich, sondern auch alle die, die mich mögen und mir helfen, nüchtern zu sein und zu bleiben.
Dieses Eingeständnis ist zugleich mein Glaubensbekenntnis, das mich in Würde leben laßt, weil ich ehrlich war und ohne falsche Scham eingestanden habe, dem Alkohol gegenüber machtlos zu sein.

 

 

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