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Entzug
Unter
Entzug versteht man zum einen den Zustand nach dem Absetzen
des Alkohols mit Einsetzen diverser Entzugserscheinungen. Zum
anderen ist mit Entzug das Absetzen des Alkohols unter ärztlicher
Aufsicht gemeint. Dabei wird versucht, die schlimmsten Entzugserscheinungen
und insbesondere ein Delir oder einen Krampfanfall zu vermeiden.
In Deutschland ist das Mittel der Wahl meist Distraneurin (Clomethiazol),
auch Haldol (Haloperidol), gegen Krämpfe zusätzlich Tegretal
(Carbamazepin). Zu einem freiwilligen Entzug ist der
Abhängige meist erst nach dem Eingeständnis der völligen Niederlage
bereit. Ein gerichtlicher Beschluß kann in besonderen Fällen
angeordnet werden. Der Entzug sollte auf einer geschlossenen
Entzugsstation erfolgen (meist in der Psychiatrie). Ein allgemeines
Krankenhaus ist denkbar schlecht geeignet, da der Patient -wie
die Erfahrungen zeigen - hier leichten Zugang zu Alkohol durch
die offene Station hat (die ersten Tage sind besonders kritisch).
Ein Selbstentzug zu Hause kann lebensgefährlich werden!
Ein Entzug in einer speziellen (psychiatrischen) Entzugsstation
hat einen weiteren entscheidenden Vorteil: Viele Kranke treffen
hier zum ersten Mal auf gleichartig Betroffene in der gleichen
Situation. Der Meinungsaustausch kann hier den ersten Weg zur
Genesung ebnen, außerdem sind meist Psychologen und Sozialarbeiter
im Behandlungsteam und lindern die oft massiven persönlichen
Probleme. Desweiteren finden Gruppen-Aktivitäten statt, ein
freiwilliger Hausdienst bringt Beschäftigung und Abwechslung
in die unangenehmen, entzügigen Tage. In einem allgemeinen Krankenhaus
findet sich der entzügige Patient meist alleingelassen mit verständnislosen
Mitpatienten. (Der Zugriff auf die Distra-Flasche im verwaisten
Stationszimmer ist häufiger als Pfleger und Ärzte meinen.)
Entwöhnung
In
der Entzugsbehandlung (8 - 14 Tage) klingen nur die körperlichen
Entzugssymptome ab. Psychische Entzugserscheinungen bestehen
in der Regel längere Zeit fort. Da die einmal erworbene Abhängigkeit
lebenslang bestehen bleibt, muß der Kranke lernen, damit trocken
zufrieden leben zu können. Diesem Lernprozeß dient die Entwöhnungsbehandlung
als Reha-Maßnahme. Sie wird auf Antrag in speziellen Reha-Kliniken
durchgeführt und dauerte bisher 4 bis 6 Monate. Die Kosten trägt
in der Regel die Rentenversicherung. Im Zuge der jüngsten
Sparbeschlüsse im Gesundheitswesen werden sich einschneidende
Änderungen zugunsten der Kurzzeittherapie (6 - 8 Wochen) bzw.
der ambulanten Therapieformen ergeben. Zweit- und Auffrischungskuren
werden erschwert, z.Tl. strikt abgelehnt. Diese Entwicklung
ist ein absolut unverständlicher Schritt in die falsche Richtung!
Der sicherste und zugleich kostenlose Weg eine Entwöhnung
vom Alkohol zu erreichen, bleibt nach wie vor die Selbsthilfegruppe.
Viele Betroffene haben hier ihren zufriedenen Lebensweg gefunden.
Dieser Alternative wird zukünftig weit mehr Gewicht zufallen
als bisher. Die Gespräche, die eigene und die leidvollen Erfahrungen
anderer Gruppenmitglieder helfen zur Einsicht, daß ein Leben
ohne Alkohol erfüllter sein kann, als man es vorher je zu glauben
vermochte. Der Weg zur "trockenen Zufriedenheit" mag
lang sein - den Angehörigen manchmal zu lang - aber er lohnt
sich immer. Rückfälle gehören dazu, sie sind kein Grund zum
Verzweifeln sondern Teil des Lernprozesses. Das Bewußtsein
in der Öffentlichkeit wandelt sich. Wer heute offen bekennt,
mit dem allgegenwärtigen Stoff Alkohol nicht umgehen zu können,
stößt auf Verständnis und Anerkennung. Fortschrittliche Personalleiter
und Unternehmen setzen teilweise schon bewußt auf den "trockenen
Alkoholiker", denn der ist zuverlässig (er hat etwas zu
verlieren: das in ihn gesetzte Vertrauen...).
Der vorstehende
Text ist mit freundlicher Erlaubnis des Herrn Ralf Schneider
aus dem Buch "Die Suchtfiebel", 1998 Schneider-Verlag
Hohengeren GmbH entnommen.
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