|
Verlust der Kontrolle Kotrollverlust
bedeutet, daß bereits nach einer kleinen Menge Alkohol im Körper
ein Verlangen nach "mehr" entsteht. Dieses Verlangen
hält solange an, bis der Trinker zu betrunken oder zu krank
ist für eine weitere Alkoholaufnahme. Nach Genesung vom
Rausch ist es nicht der Kontrollverlust, sondern es sind die
ursprünglichen Konflikte oder ein geselliger Anlaß, die den
Wiederbeginn des Trinkens einleiten. Ein Rest von "Kontrolle"
besteht jedoch noch. So kann der Trinker noch durch eine Periode
freiwilliger Abstinenz gehen. Bis jetzt weiß der Kranke nicht,
daß in ihm Vorgänge abgelaufen sind, die eine dauernde Abstinenz
unmöglich machen. Er versucht daher ständig, seinen "Willen
zu beherrschen". Erklärungsversuche
Mit
dem Beginn des Kontrollverlustes beginnt der Kranke, sein Trinkverhalten
zu erklären. Er produziert die bekannten "Alkoholausreden".
Er findet Erklärungen dafür, daß er seine Kontrolle nicht verloren
hat, sondern vielmehr ein guter Grund zum Trinken vorhanden
ist und er durchaus in der Lage ist, den Alkohol wie jeder andere
zu genießen. Die Erklärungen geben ihm die Gelegenheit, weiter
zu trinken. Das ist für ihn von großer Wichtigkeit, denn er
kennt keine andere Möglichkeit zur Lösung seiner Probleme.
Soziale
Belastungen Dies
ist der Anfang eines ganzen "Erklärungssystems", das
sich allmählich auf allen Ebenen des Lebens ausbreitet. Es dient
als Widerstand gegen "soziale Belastungen", die jetzt
entstehen: Eltern, Frau, Freunde und Arbeitgeber beginnen den
Alkoholkranken zu tadeln und zu warnen. Übergroße
Selbstsicherheit Trotz
aller Erklärungen kommt es zu einem Verlust des Selbstwertgefühls.
Das wird kompensiert durch die "übergroße Selbstsicherheit
nach außen", die der Kranke an den Tag legt. Extravagante
Verschwendung und großspurige Reden überzeugen ihn selbst, daß
er nicht so schlecht ist, wie er manchmal gedacht hat.
Aggressives
Verhalten Das
"Erklärungssystem" isoliert den Kranken zunehmend.
Das führt zu der Ansicht, nicht bei ihm sondern bei den anderen
liegen die Fehler, was wiederum zu einer Abkehr von der sozialen
Umgebung führt. Das erste Zeichen dieser Haltung ist ein auffälliges
"aggressives Verhalten". Dauernde
Zerknirschung Traten
in der prodomalen Phase zeitweise Gewissensbisse auf, entsteht
jetzt eine "dauernde Zerknirschung" durch Schuldgefühle.
Diese Belastung ist ein neuer Anlaß zum Trinken. Vorübergehende
Abstinenz Dem
sozialen Druck folgend, durchläuft der Kranke jetzt "Perioden
völliger Abstinenz". Änderung
des Trinksystems Er
findet eine andere "Methode" sein Trinken unter Kontrolle
zu halten: Er glaubt, seine Schwierigkeiten kontrollieren zu
können, indem er sich bestimmte Regeln aufstellt. Er versucht,
nicht vor einer bestimmten Tageszeit, nur an bestimmten Orten
oder nur diese oder jene Alkoholart zu trinken. Isolation
Das
Unverständnis der Umgebung ("ein Glas Wein schadet doch
nicht") verstärkt diese Haltung noch. Die enorme Energieaufwendung
in seinem Kampf schafft Feindseligkeit gegen seine Umgebung
und er beginnt "Freunde fallenzulassen" und "Arbeitsplätze
zu verlassen". Wechsel
der Arbeitsplätze Diese
Phase ist gekennzeichnet durch Verlust der Arbeit und Fallenlassen
durch Bekannte. Meist übernimmt der Kranke selbst die Initiative
und kündigt Freundschaften und Arbeitsplätze als vorausschauende
Verteidigung. Interessenverlust,
Selbstmitleid Alle
Gedanken konzentrieren sich auf den Alkohol. Er richtet den
Tagesablauf darauf aus, wie Tätigkeiten sein Trinken stören
könnten, nicht wie sein Trinken die Arbeit beeinflußt. Äußere
Interessen gehen verloren und es entwickelt sich ein "auffallendes
Selbstmitleid". Flucht
Isolation
und Erklärungen haben ein unerträgliches Maß angenommen. Der
Kranke unternimmt "gedankliche" oder tatsächliche
geografische Flucht ("Ortswechsel"). Änderungen
im Familienleben Frau
und Kinder, die den Trinkenden oft immer noch "decken"
(Co-Alkoholismus), ziehen sich aus Angst aus dem gesellschaftlichen
Leben zurück oder entwickeln im Gegenteil ausgiebige Aktivitäten,
um aus dem häuslichen Umfeld zu entkommen. Grundloser
Unwille Diese
und andere Vorkommnisse lassen einen "grundlosen Unwillen"
beim Alkoholsüchtigen entstehen. Sichern
des Alkoholvorrates Der
Süchtige versucht, sich einen ständigen Vorrat an Alkohol zu
sichern. Das Fehlen von "Stoff" veranlaßt abenteuerliche
Beschaffungsversuche. Er legt Verstecke an unmöglichen Orten
an (leerer Aktenordner, Werkzeugkiste, Blumenbeete, WC-Spülkasten).
Vernachlässigung
der Ernährung Eine
angemessene Ernährung wird vernachlässigt. Das verstärkt die
schädliche Wirkung des Alkohols auf den Organismus zusätzlich.
Krankenhauseinweisungen
Es
folgen die ersten Einweisungen in ein Krankenhaus wegen irgendwelcher
alkoholbedingten Beschwerden (tiefe Depression, Bewußtlosigkeit,
eruptive Gastritis u.a.m.). Abnahme
des Sexualtriebes Eine
von vielen organischen Auswirkungen ist der Verlust des Sexualtriebes.
Dadurch entsteht Feindschaft gegen den (Ehe)Partner, bei dem
als Erklärung außerhelicher Verkehr vermutet wird: "alkoholische
Eifersucht". Morgendliches
Trinken Gewissensbisse,
Unwillen, Kampf zwischen Sucht und Pflichten, Selbstwertverlust,
Zweifel und falsche Ermutigung haben den Kranken so weit zerrüttet,
daß er den Tag nicht mehr ohne Alkohol kurz nach dem Aufstehen
oder schon vorher beginnen kann. Es kommt zum "regelmässigen
morgendlichen Trinken".
In der
kritischen Phase ist Trunkenheit die Regel. Sie ist noch auf
den Nachmittag und die Abendstunden beschränkt, führt aber schließlich
zum morgendlichen Trinken. Die kritische Phase ist gekennzeichnet
vom heftigen Kampf des Kranken gegen den Verlust der sozialen
Basis. Er kann seiner Arbeit noch nachgehen, bekommt aber zunehmend
Schwierigkeiten, die Familie wird vernachlässigt. Der moralische
und körperliche Widerstand des Süchtigen gegen das drohende
Unheil wird im Verlauf der kritischen Phase immer schwächer.
|
|